Frau
Staatssekretärin Barbara Kisseler
Senatskanzlei - Berliner Rathaus
10871 Berlin
im Februar 2008
Sehr geehrte Frau Kisseler,
über viele Monate haben Sie den Vorwurf zurückgewiesen, daß Sie bei der Hergabe von Ernst Ludwig Kirchners Gemälde „Berliner Straßenszene“ voreilig, fahrlässig und gegen Recht und Gesetz gehandelt haben. Sie haben statt dessen darauf beharrt, es habe aus rechtlichen und moralischen Gründen keinen anderen Weg gegeben als die Anerkennung der Forderungen von Frau Anita Halpin (London).
Inzwischen gibt es zwei Indizien, die Ihre gesamte Argumentation zunichte machen: Im STERN 44 (2007) sagt
Ronald Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses: „Ich habe mich gewundert, daß Berlin das Bild weggegeben
hat, es bestand kein Anlaß dazu.“
Niemand in Berlin weiß besser als Sie, was dieser Satz aus berufenem Munde bedeutet. In der Frage der
Restitutionsproblematik kennt sich kaum jemand besser aus als Ronald Lauder. Er hat die „Washingtoner
Konferenz“ initiiert und finanziert, auf deren Empfehlungen Sie sich bei Ihrer Entscheidung berufen haben.
Ronald Lauder kennt auch die Geschichte des Bildes genau. Er hat das Meisterwerk, als es auf den Markt kam,
für seine Sammlung erworben und inzwischen eine umfangreiche Publikation dazu herausgegeben. Die
Aussage von Ronald Lauder macht offenkundig, daß Ihr Tun, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, jeder moralischen
wie auch gesetzlichen Grundlage entbehrt.
Die zweite Erkenntnis kommt aus Berlin selbst:
Die im Dezember 2007 abgeschlossene Untersuchung des Restitutionsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus
hat klar erwiesen, daß Sie spätestens am 19. April 2005 entschieden hatten, das Kirchner-Gemälde herauszugeben.
Alle danach folgenden Tätigkeiten Ihrer Verwaltung, angeblich zur Klärung des Rückgabeanspruches
unternommen, dienten also einzig dazu, dem längst gefaßten Beschluß einen Anschein von
Legitimität zu geben. So erklärt sich auch Ihr Auftrag vom 17. August 2005 an den Rechtsanwalt Dr. von Trott
zu Solz, der bekanntlich auf die Durchsetzung von Restitutionsansprüchen spezialisiert ist. Statt die Interessen
des Landes Berlin und der ihn für sein Gutachten bezahlenden Bürger zu vertreten, hatte er allein Ihre Fehleinschätzung
zu decken.
Das Ergebnis für Berlin ist: Das „Brücke“-Museum verlor sein wichtigstes Gemälde, und dreißig Millionen Euro
Berliner Landesvermögen wurden leichtfertig verschenkt.
Angesichts dieser Faktenlage müßte es selbstverständlich sein, daß Sie für Ihr Fehlverhalten die politische Verantwortung übernehmen. Zur Wiederherstellung des verletzten Rechts gibt es in der Demokratie nur einen Schritt: den Rücktritt. Ersparen Sie uns Bürgern die Zumutung, mit einer Landesregierung leben zu müssen, die das verantwortungslose und willkürliche Handeln einer Staatssekretärin deckt. Geben Sie uns den Glauben an die Verantwortlichkeit des Berliner Senates zurück.
Mit besorgten Grüßen
Dr. Konrad Adam • Hans-Jürgen Allert • Prof. Dr. Arnulf Baring • Dr. Michael Fernholz • Prof. Dr. Jan Hegemann
Prof. Dr. Daniel Koerfer • Prof. Hans Kollhoff • Dr. Barbara Mundt • Prof. Lutz von Pufendorf • Bernd Schultz
Prof. Dr. Volker Strunz • Prof. Dr. Michael Stürmer • Dr. Peter Wex • Dr. Axel Wiesener • Prof. Dr. Michael Wolffsohn
V.i.S.d.P. BERLIN BRAUCHT BÜRGER e.V. i.G. • Fasanenstr. 25 • 10719 Berlin • berlin-braucht-buerger@berlin.de
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RICHTIGSTELLUNG:
Die Kanzlei Wilmer Hale bittet uns um folgende Richtigstellung:
„Herr Lauder hat die Washingtoner Konferenz 1998 nicht „finanziert“.“